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Schattenseiten der Textilindustrie

Nina Kegel

Nachhaltigkeits-Expertin im Bereich bewusster Konsum und umweltgerechtes Leben

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Die Schattenseiten der Textilindustrie sind vielfältig und haben auf unterschiedlichste Weise einen negativen Einfluss auf Mensch und Natur. Das steckt wirklich hinter deinen Fast Fashion-Kleidungsstücken.

Fast Fashion boomt. Und die Schattenseiten der Textilindustrie werden damit immer gravierender. Immer neue Unternehmen versuchen sich stetig in einem erbarmungslosen Preisdumping-Kampf zu über- bzw. unterbieten: Es geht darum, wer am schnellsten die Modetrends zum günstigsten Preis im Onlineshop anbieten kann. Shirts, Kleider und Hosen billiger als ein Kaffee. Doch wie sind diese Preise möglich? Die Antwort gibt die britische Journalistin Lucy Siegle: Fast Fashion gibt es nicht umsonst. Irgendjemand, irgendwo, bezahlt dafür.

Die Inhalte:

  • Arbeitsbedingungen
  • Geschlechterungleichheit
  • CO₂-Ausstoß
  • Virtuelles Wasser 
  • Bedrohung durch Chemikalien
  • Entsorgung
  • Zeit für einen Wandel
  • Häufige Fragen
  • Weiterlesen im Magazin

1. Arbeitsbedigungen

Mehr als 60 Millionen Menschen arbeiten weltweit in der Textilindustrie, Tendenz steigend. Ein Großteil von ihnen ist in sogenannte Sweatshops in China und Bangladesch beschäftigt – zu Löhnen, die häufig nicht für Wohnung, Essen oder gar Schulbildung genügen. Gleichzeitig sind sie durch die Bezahlung nach Stückzahl dazu gezwungen, bis zu 16 Stunden täglich zu arbeiten, an 7 Tagen pro Woche. Gegenüber dem BMZ beschreibt eine Textilarbeiterin aus Thailand diese Schattenseiten der Textilindustrie: „In Spitzenzeiten arbeiten wir bis 2 oder 3 Uhr morgens. Obwohl wir erschöpft sind, haben wir keine andere Wahl. Wir können die Überstunden nicht ablehnen. Unser Grundlohn ist einfach zu niedrig.“

Der Druck der Händler:innen auf die Fabrikant:innen verstärkt sich durch den Zwang, schnellstmöglich die Trends von Social Media in die Onlineshops zu bringen. Preise und Liefertermine werden infolge immer weiter ausgereizt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für die Arbeiter:innen bedeutet das neben Zwangsüberstunden auch fehlende Arbeitsverträge, Versicherungen sowie Gesundheits- und Sozialleistungen. Auch Gewerkschaften sind häufig untersagt. Dabei wären genau die ein wichtiges Mittel, um gemeinsam ihre Rechte einzufordern und die Gesamtsituation zu verbessern.

Aufmerksamkeit erfuhren die Schattenseiten der Textilindustrie durch den dramatischen Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch, der sich 2023 zum zehnten Mal jährt. Über 1135 Menschen starben bei dem Unglück, 2438 erlitten teils schwere Verletzungen. Durch den Vorfall offenbarten sich massive Mängel in Arbeits- und Brandsicherheit.

2. Geschlechterungleichheit

Bis zu 90 Prozent der in der Textilindustrie Beschäftigen sind weiblich, ein Großteil zudem zwischen 16 und 28 Jahren. Auch junge Mädchen werden trotz entsprechender Verbote angestellt, da sie als besonders fleißig und gefügig gelten. Gleichzeitig sind die meisten Führungspositionen von Männern besetzt. Die ungleichen Machtbeziehungen sind häufig von sexueller Belästigung und anderen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt geprägt, wobei die Armut die Frauen dazu zwingt, in diesem Unterdrückungsverhältnis zu bleiben. Auch der nächtliche Heimweg der Frauen stellt in vielen Gebieten eine Gefahr dar. Zudem gibt es für Schwangere und Mütter meist keinen Kündigungsschutz. Ohnehin kennen die meisten Arbeiter:innen nicht ihre Rechte.

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3. CO₂-Ausstoß

Die CO₂-Emissionen, die die Produktion eines Kleidungsstücks inkl. Transport (oft 20.000 Kilometer) mit sich bringt, sind enorm: 1,7 Milliarden Tonnen CO₂ gelangen durch die Bekleidungsindustrie jährlich in die Atmosphäre, mehr als durch Flugverkehr und Schifffahrt zusammen. Damit offenbart sich eine der größten Schattenseiten der Textilindustrie: Die Branche ist relevanter Treiber der Klimakrise. Gleichzeitig steigt der Kleidungskonsum zunehmend: nach Angaben des WWF von 62 Millionen Tonnen 2015 auf 102 Millionen Tonnen 2030. Ein globales Umdenken wird damit umso dringender, um der Klimakrise entgegenzuwirken. Wie eine nachhaltige Modeindustrie in Zukunft aussehen könnte, erfährst du hier.

CO2 Ausstoß durch Fabriken

4. Virtuelles Wasser

Stell dir 18 gefüllte Badewannen vor. So viel virtuelles Wasser, nämlich circa 2.700 Liter, sind für die Herstellung eines einzigen T-Shirts nötig. Virtuelles Wasser beschreibt das Wasser, das für die Herstellung eines Produkts nötig ist – auch inklusive versteckter Ressourcen wie die der bei der Produktion benötigten Energie in Form von Erdöl, Strom und Gas. Das virtuelle Wasser spielt bei unserem Wasser-Fußabdruck, also unserem gesamten Wasserverbrauch, eine wichtige Rolle, ist allerdings nur sehr schwer nachzuverfolgen bzw. messbar.

Schätzungen gehen davon aus, dass jede Person in Deutschland neben den 129 Liter aus dem Wasserhahn täglich 4.000 bis 5.000 Liter virtuelles Wasser verbraucht. Der tatsächliche Wasserverbrauch entsteht dabei zu fast 70 Prozent außerhalb des Landes – mit dramatischen Folgen. So hat etwa Aralsee zwischen Usbekistan und Kasachstan, der zur Bewässerung von Baumwollfeldern verwendet wurde, seit den 50er Jahren mehr als 80 Prozent seines Volumens verloren. Der Wasserspiegel ist um über 20 Meter gesunken. Für viele der Menschen, die dort durch Landwirtschaft und Fischerei ihren Lebensunterhalt bestreiten, geht damit ihre Einnahmequelle verloren.

5. Bedrohung durch Chemikalien

Bis zu 3000 Chemikalien spielen in der Textilindustrie, z.B. bei Färbeprozessen, eine Rolle. Durch fehlende Arbeitsschutzmaßnahmen stellen diese ein massives gesundheitliches Problem in der Textilfabriken dar, das nicht selten zu sogenannten Staublungen oder anderen chronischen Erkrankungen führt. Ähnliches spielt sich auf den konventionellen Baumwollplantagen ab: Die Arbeitenden sind ohne entsprechende Schutzkleidung in Kontakt mit giftigen Pestiziden, Atemwegserkrankungen und Schäden an Haut, Augen und Nervensystem sind die Folge. Besonders Kinder, die auf den Baumwollplantagen zu Schwerstarbeit gezwungen werden, tragen von den Pestiziden häufig lebenslange Schäden davon.

Doch diese Schattenseiten der Textilindustrie sind noch weitreichender: Aufgrund mangelnder Umweltschutzmaßnahmen gelangen die verwendeten Chemikalien und Pestizide häufig in Flüsse und Abwasser. 20 Prozent der weltweiten Wasserverunreinigung ist darum auf die Textilindustrie zurückzuführen. Die Verschmutzung von Flüssen und Gewässern in den Produktionsländern beeinträchtigt stark die Tier- und Pflanzenwelt und durch den Konsum von Fisch wiederum auch die Menschen. Verschmutztes Trinkwasser stellt zudem eine schwerwiegende Bedrohung dar und bringt nicht selten weiter gesundheitliche Probleme mit sich.

6. Entsorgung

Mit der Produktion ist der negative Einfluss von Fast Fashion auf Mensch und Natur allerdings noch nicht zu Ende. Nach Hochrechnungen des Marktforschungsinstitits Euromonitor International werden jährlich 230 Millionen Textilien in Deutschland nicht verkauft und ungetragen geschreddert, verbrannt oder billig ins Ausland verkauft.

Minderwertige Fasern sorgen für einen kurzen Lebenszyklus der Fast Fashion-Stücke, nur ein Drittel der entsorgten Kleidung erhält dann ein zweites Leben auf dem Second-Hand-Markt oder in recycelter Form als Putzlappen. Weniger als ein Prozent wird derzeit für neue Mode recycelt.

Altkleider - eine der Schattenseiten der Textilindustrie

7. Zeit für einen Wandel

Klar wird: So wie bisher kann es in der Textilindustrie nicht weitergehen. Doch durch unser Kaufverhalten haben wir als Konsument:innen die Macht, etwas zu verändern. Das Narrativ des Kassenbons als Stimmzettel für eine andere Welt hat durch Fashion neue Bedeutung erlangt. Mit einer bewussten Entscheidung für Kleidung aus einer fairen und nachhaltigen Produktion können wir den Schattenseiten der Textilindustrie ein Ende bereiten. Denn durch einen bewussten Kauf entscheiden wir uns auch für eine Textilindustrie ohne Menschenrechtsverletzungen, sexuelle Gewalt und Unterdrückung sowie Umweltverschmutzung- bzw. zerstörung und damit für eine lebenswertere Welt für alle.

8. Häufige Fragen

Weiterlesen im Magazin:

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